CSR-Bericht und Co: Wenn Schein und Sein nicht zusammenpassen 

Ich sehe auf LinkedIn nur noch extrem erfolgreiche Menschen und Unternehmen, die ständig über sich und ihre Errungenschaft posten: "best place to work", "klimaneutral", Frauen werden gefördert, Minderheiten selbstverständlich integriert und es wird natürlich auch über überwundene Krisen berichtet (wieder ein Erfolg); selbst ADHS und Depressionen sind chic (außer vermutlich für die, die tatsächlich stark darunter leiden); alles scheinbar perfekte Menschen und Unternehmen. Je größer das Unternehmen, desto lauter und umfassender wird das Schaufenster dekoriert. Wer soll das glauben? 

Corporate Social Responsibility ist ein wichtiges, wenn nicht das Auswahlkriterium für Kunden und potentielle Mitarbeiter*innen geworden. Kein Wunder, dass sich Unternehmen und Unternehmenslenker, hier besonders über die sozialen Medien, diese gesellschaftlichen, sozialen und ökonomischen Standards möglichst bunt auf die eigenen Fahnen schreiben und diese dann publikumswirksam schwenken. 

Natürlich sollte die Schauseite, also was auf der Website, in der Werbung, in den sozialen Medien, in Präsentationen, auf Broschüren, Townhall-Meetings und Presseberichten behauptet wird, etwas schöner sein als die Realität. Klappern gehört zum Geschäft, auch ein wenig fake-it ist ok, wenn das make-it dann auch zuverlässig und zeitnah folgt. 

Doch hier hat aus meiner Beobachtung eine regelrechte Hysterie eingesetzt, sich und das Unternehmen immer besser darzustellen. Die Folge:  Es ist oft kaum noch Zeit für die gelungene und nachhaltige Umsetzung. Vor lauter Eifer realisieren viele Protagonist*innen selbst nicht mehr, wie die Glaubwürdigkeit geopfert wird, während doch jedes Kind merkt, dass da etwas nicht stimmt. Wenn z.B. zum Pride Month oder Equal Pay Day die Unternehmen möglichst auffällig und bunt als Unterstützer oder gar Vorbild präsentieren, in den Besetzung von Vorstandsposten dann von Diversity, Equality und Inclusion allerdings nichts mehr zu sehen ist.  

 

Mehr Sein als Schein

In Interviews, im Coaching und in den Workshops mit Vorständen und Management Teams, besonders in Konzernen, erlebe ich dann die Realität, die oft sehr stark abweicht. Die Auswirkungen dieses Drucks, die Erschöpfung, all diesen Ansprüchen gerecht zu werden (und doch immer nur hinterher zu laufen) ist längst auch auf Vorstandsebene angekommen. Kaum noch Zeit für Leadership, die Gestaltung der Zukunft oder auch nur mal zu reflektieren; außer vielleicht noch während der Familienzeit oder ab 23h? 

Seien wir doch endlich mal ehrlich: Es kann kaum noch jemand die immense Energie aufbringen, die es kostet, die immer anspruchsvolleren Zahlenziele zu erreichen - denn die stehen eben oftmals in einem Widerspruch zu den CSR-Zielen. Wer soll diesen immer größeren Graben überbrücken und dabei noch so tun, als wenn alles leicht und mühelos ist? Alle haben scheinbar einen starken Purpose und gute Laune, reflektieren, meditieren, machen Yoga, ernähren vegetarisch und sind spätestens um 18h bei der Familie. Wie können die eigenen Familien und Mitarbeiter*innen nicht zynisch werden, wenn sie lesen oder hören, dass alles perfekt ist und es dann ganz anders zu erleben? Und dieser Zynismus führt wenig überraschend zu einer Erosion des Vertrauens und der Produktivität. Das ist genau das, was sich in diesen Zeiten niemand leisten kann. Hier wird die Lösung zum Problem.

Und wir alle kennen auch die fatalen Folgen, wenn die Schauseite und die Realität überhaupt nichts mehr gemein haben, da müssen wir uns nur an den Dieselskandal erinnern. 

 

Effektivität statt Effizienz

Die Manager*innen-Generation X und deren Vorgänger*innen waren zu ihrer Zeit noch erfolgreich, Unternehmen im Sinne wachsender Effizienz zu führen, heutige Manger*innen hingegen, besonders jüngere, die aktuell mit Ende 30 die Vorstandsetagen erreichen, wollen ein anderes Leben führen und sehen sich anderen Ansprüchen der Gesellschaft und der Mitarbeiter*innen ausgesetzt. Sie wollen nicht mehr nur so tun, sondern all die Dinge auch wirklich leben: Fairness, Beteiligung, Wertschätzung, psychologische Sicherheit, Lernen und sich entwickeln können, Klarheit und Berechenbarkeit, Vereinbarkeit von Familie, Me-time und Beruf, Teil einer gemeinsamen Erfolgsstory sein.

Mit Herz, Mut, Rückgrat und Klugheit führen bereits viele Manager*innen die Unternehmen und ihre Teams, ohne es groß an die Glocke zu hängen, und schaffen so eine Kultur des Vertrauens und somit persönlichen, gemeinsamen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg. 

In inhabergeführten, mittelständischen Unternehmen ist der Grad der Freiheit höher, vor allem das Ergebnis statt die Wirkung im Auge zu haben, weil sie z.B. im Bereich Innovation so stark sind, dass sie es nicht nötig haben, ständig zu klappern; die ihren Status als "hidden champions" geradezu kultivieren, um in Ruhe und mit Weitsicht zu arbeiten. 

Diese Kultur wünsche ich auch den Konzernen. Weniger Zeit für das Schaufenster und das Kompensieren erodierenden Vertrauens sowie sinkender Qualität und Produktivität, alle Energie in das wirkliche und effektive Tun. Das bringt Luft und Leichtigkeit ins Unternehmen; die damit generierten Erfolge kommen zwar später als das Lob für gute Absichten, sind aber energieschonender erreicht und halten länger, sind damit also nachhaltiger. Wie wäre das?

Und um die nötige Klarheit in unsere Business-Consommé zu bringen, hier ein paar einfache Fragen:

  • Wem oder Was dient meine Handlung? Dem Ergebnis oder mir und meinem Ego?
  • Welches Verhalten wird im Unternehmen incentiviert? Schein oder Sein?

 

 

 

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