Transformation ist immer ein leiser Prozess, kein großer bunter Workshop.
Welche Leute braucht man im Zeitalter der Digitalisierung? Und warum kommt Personal von persönlich? fragt sich Wolf Lotter in seinem Artikel in der September-2018-Ausgabe der brandeins. Thomas Dettling (Siemens Digital Transformation Manager) sagt sehr richtig:
“In der Organisation der Wissensgesellschaft geht es darum, wie man Kompetenzen zusammenführt - und nicht die Leute gegeneinander ausspielt, um selbst an der Macht zu bleiben."
Dafür braucht es neue Prozesse, eine neue Incentivierung und ein neues Verständnis. Doch das ist eben nicht so einfach, weil eine Kulturänderung in das Betriebssystem der Menschen eingreift, sie müssen sich zunächst ihrer zumeist unbewußten (Selbst-)Wahrnehmung und ihrem tatsächlichen Handeln bewusst werden. Die allerwenigsten planen doch vermutlich bewusst, andere auszutricksen, Wissen für sich zu bunkern und sich unabkömmlich zu machen, um möglichst gut da zu stehen. Unsere komplexe Psychologie findet gute Gründe, um so zu handeln. Das ist doch wie beim Scheidungskrieg ums Sorgerecht: Beide Eltern glauben im Sinne des Kindes zu handeln und erkennen im anderen den wahren Bösewicht, vor dem es das Kind zu schützen gilt. Heraus kommt ein großer Schaden für das Kind, um dessen Wohl es ja eigentlich ging und auch die Kontrahenten selbst haben kräftig Federn gelassen. Es gibt offenbar - besonders in emotional belastenden Situationen - eine hohe Chance, dass unser tatsächliches Handeln und unsere Wahrnehmung davon stark voneinander abweichen. Das ist nicht nur bei einem Donald Trump zu beobachten, sondern bei uns allen – mehr oder weniger.
Jeden Tag werden hier auf LinkedIn eindrucksvolle Fotos und Berichte von großen spannenden Workshops mit hochmotivierten Menschen gepostet, die anscheinend mit unglaublich viel Spaß, vielen Post-It`s und einem enorm motivierenden Motto einen Neuanfang zelebrieren. Die Initiatoren, Trainer und vielleicht auch Teilnehmer hoffen sicher, damit die Weiche gestellt zu haben, ab der alles anders wird. Das wird sie vielleicht auch. Aber bei allen? Und wie lange? Denn was intellektuell verstanden wird, wird noch lange nicht gelebt.
Denn das geht nur, wenn die tiefen Ängste und Bedürfnisse der Menschen (auch der Führungskräfte) reflektiert und antizipiert werden und die Unternehmen dann gute Antworten haben, um diese starke emotionale Energie positiv im Sinne der Vision umzuleiten.
Somit ist eine Kultur-Transformation ein tiefgreifender und damit leiser Prozess für jeden einzelnen, der eine Begleitung braucht, die der Ermunterung und Motivation, die sich die Unternehmen in Zeiten der Kultur-Transformation gerade in Rahmen von vielen Workshops verschreiben, deutlich voran gehen muss.
Und genau das ist unser Job.